Wellbeing Washing schafft keine zukunftsfähigen Arbeitsplätze
Was Green, Pink und Rainbow Washing im PR sind, ist Wellbeing Washing im Employer Branding zu sein. Beim Wellbeing Washing sind sowohl bestehende als auch potenzielle MitarbeiterInnen die Zielgruppe und es geht darum diesen zu vermitteln, dass Mitarbeitergesundheit und -zufriedenheit eine Priorität für das Unternehmen darstellen. Einzelne Maßnahmen werden angeboten und oft wird die Verantwortung damit auf die MitarbeiterInnen abgewälzt. Offiziell soll die Selbstwirksamkeit verbessert werden und wer dann immer noch überlastet oder gar Burnout gefährdet ist, ist unterm Strich eben selbst schuld.
Im Folgenden blicken wir auf unsere Erfahrungen der letzten 7 Jahre zurück und bedienen uns an den über 100 Millionen MitarbeiterInnenbefragungen des Wirtschaftsinstituts Gallup, die in dem Buch „Wellbeing at Work“ zusammengetragen wurden. Dabei unterscheiden wir was aus unserer Sicht Wellbeing Washing ist und was echtes Wellbeing bei der Arbeit schaffen kann. Doch zunächst sollten wir erstmal den Begriff Wellbeing erläutern…
Was ist eigentlich Wellbeing?
Wellbeing besteht aus 5 Elementen:
Career Wellbeing: Spaß bei der täglichen Arbeit
Social Wellbeing: bedeutungsvolle Freundschaften im Leben
Financial Wellbeing: keine finanziellen Sorgen
Physical Wellbeing: Energie im Alltag
Community Wellbeing: Wohlgefühl im häuslichen Umfeld
In über 100 Jahren Forschung zu der Zufriedenheit von Menschen hat Gallup herausgefunden, dass von den 5 oben genannten Elementen Career Wellbeing den größten Einfluss auf das allgemeine Wellbeing hat. Wobei das größtmögliche Wellbeing gleichzusetzen ist mit dem bestmöglichen Leben, dass man/frau sich vorstellen kann.
Also mit anderen Worten, ein glückliches, zufriedenes Leben ist nur möglich, wenn wir Spaß bei der Arbeit haben und genau das sollte auch der Ausgangspunkt für Geschäftsleitung und HR sein.
Es gibt keine One-Fits-All Lösungen
Fragt doch mal eure Mitarbeitenden: „Habt ihr Spaß bei der Arbeit?“ Führungskräfte der alten Schule denken jetzt vielleicht, für Spaß bezahle ich hier doch keinen. Doch zum Glück wissen wir dank dem Psychologen Frederick Herzberg und seiner wissenschaftlichen Arbeit schon seit 1959, dass Geld zwar für Unzufriedenheit bei der Arbeit sorgen kann, jedoch als Motivator untauglich ist. Motivation ist deutlich komplexer und individueller und muss im direkten Austausch mit den Mitarbeitenden ermittelt werden. Ein Bestandteil der notwendigen Konversation sollte neben Karrierezielen und Werten, auch das Wellbeing bei der Arbeit sein, denn nur so kann man sicherstellen, dass mögliche Angebote auch bedarfsorientiert sind.
Mit anderen Worten: Meditationsraum, Tischkicker, Fitness App und Co sind nur dann eine sinnvolle Investition, wenn die Mitarbeitenden die Angebote auch wirklich nutzen. Viel zu oft überlegen sich Personaler und Geschäftsleitung derartige Angebote im stillen Kämmerlein oder Programme werden einfach standortübergreifend übergestülpt. Viel wichtiger wäre es allerdings die Maßnahmen in die Unternehmenskultur einzubinden und gesunde Routinen fest in den Arbeitsalltag zu integrieren, denn nur so kann das Wohlbefinden bei der Arbeit nachhaltig verbessert werden.
Y2B verfolgt einen Co-Creation Ansatz:
wir unterstützen unsere Ansprechpartner:innen bei der Bedarfsanalyse, geben proaktiv Input für die interne Kommunikation und passen unsere Angebote kontinuierlich an, so dass diese optimal an die Arbeitsbedingungen angepasst werden können.
Wellbeing Angebote sind kein Ersatz für Freizeit
In Bezug auf Fehltage sind psychische Erkrankungen nach Muskel-Skelett-Erkrankungen bereits auf Platz zwei (Quelle: Statista). Ein drastischer Anstieg dieser Erkrankungen war bereits vor der Pandemie zu verzeichnen, doch durch Home Office, Home Schooling und fehlende Freizeitangebote ist der Anstieg noch dramatischer geworden. ExpertInnen führen das primär auf die fehlende Trennung zwischen Berufs- und Privatleben zurück.
Das erklärt sicherlich auch warum die GenZ nicht nur die Generation ist, die besonders stark von diesen Erkrankungen betroffen ist, sondern auch die Generation ist, die besonders viel Wert auf Wellbeing bei Arbeitgebenden achtet.
Daher haben wir Ronja Ebeling zu dem Thema Wellbeing Washing befragt. Sie gehört selbst zur Gen Z und ist Autorin „Jung, besorgt, abhängig – eine Generation in der Krise“ und Podcasterin „Podcast Hungry Minds – eine Generation, die fordert“, zu dem Tag sagt sie:
„Unternehmen wollen keine Copy-Paste-Bewerbungen und gleichzeitig tun sie genau dasselbe bei der Ausschreibung offener Stellen. Das Schlimmste? Sie übernehmen Red Flags, die einfach nicht mehr zeitgemäß sind. Dazu gehört auch das Stichwort „familiäres Umfeld“. Ein Unternehmen ist aber keine Ersatzfamilie, auch wenn ein gutes Miteinander natürlich wichtig ist. Gute Arbeitgeber:innen sollten aber in erster Linie eine klare Trennung von Berufs- und Privatleben ermöglichen und die Grundlage, freundschaftliche und familiäre Kontakte außerhalb des Jobs zu pflegen. Eine Familie im Büro? Nein, danke.“
Ein ernstgemeintes Wellbeing Angebot sollte also während der Arbeitszeit stattfinden und das sollte nicht nur so kommuniziert werden, sondern idealerweise auch durch Vorbilder vorgelebt werden. Denn immer wieder beobachten wir, dass Angebote zwar theoretisch existieren, Teilnehmende dann aber doch schief angeguckt werden, wenn sie diese tatsächlich nutzen. Daher ist es besonders wichtig, dass Chefs und Chefinnen auch mal am Yogakurs teilnehmen oder den Ruheraum nutzen, statt abends noch Emails zu schreiben oder die Mittagspause vorm Laptop zu verbringen.
Wellbeing kann man nicht übers Knie brechen
Ähnlich wie bei den oben bereits genannten Fokusthemen Nachhaltigkeit und Diversität ist auch Wellbeing ein Ziel, das KEINE Deadline haben sollte. Vielmehr sollte es ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur werden und dem Bestreben nach ständiger Verbesserung unterliegen.
Also Obacht vor Angeboten, die zu schnelle Erfolge versprechen und mit KPIs (Key Performance Indicator) nur so um sich schmeißen. Bei Kennzahlen zu Fluktuation, Krankheitstagen und Produktivität sind eine Vielzahl von Faktoren ausschlaggebend, diese kann und sollte man nicht auf eine einzelne oder mehrere Wellbeing Maßnahmen reduzieren.
Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass bei den meisten Unternehmen eine Kombination aus gewichtigem Impuls und regelmäßigem Alltagstransfer am besten funktioniert. Ein solcher Impuls kann beispielsweise eine Keynote, eine Workshop Serie oder ein Event sein. Ein regelmäßiges Angebot sollte idealerweise mindestens wöchentlich stattfinden und möglichst viele Mitarbeitende erreichen. Das regelmäßige Angebot sollte zudem möglichst niedrigschwellig sein, so dass die Teilnehmenden einzelne Übungen bedarfsorientiert in ihren Alltag integrieren können. Wie kurz und simpel das sein kann zeigt Y2B Trainerin Jennifer Mustermann in diesem Video Nackenübung:
Erst nach einigen Jahren (!) konsequenter Praxis (alleine und in Teams) verändert sich wirklich das Mindset der Teilnehmenden. Die Angebote werden so zu einem festen Bestandteil der Unternehmenskultur und wirken sich dann auch nachweislich positiv auf die Mitarbeiterzufriedenheit und -loyalität aus.
DON’T fake it till you make it
Arbeitgebende und Mitarbeitende sollten sich gemeinsam auf eine Reise für mehr Wohlbefinden bei der Arbeit geben. Diese Reise sollte von Vertrauen und einer wachstumsorientierten Lernkultur geprägt sein. Wellbeing Angebote, die nur gut auf der Website oder in Stellenausschreibungen aussehen, werden Unternehmen nicht dabei helfen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, innere Kündigungen und hohe Fehlzeiten in den Griff zu kriegen. Und Unternehmen, die sich auf Konferenzen und Social Media für vermeidlichen Wellbeing Fokus feiern, während die Mitarbeitenden darüber nur mit den Augen rollen können, werden hoffentlich bald feststellen, dass die erwünschte Transformation nicht an der Ausrichtung, sondern an der fehlenden Konsequenz in der Umsetzung scheitert.